Peter Geimer
Derrida ist nicht zu Hause
Begegnungen mit Abwesenden

Was eigentlich sieht der bildungsbeflissene Urlauber, wenn er bei der Besichtigung von Albert Einsteins Berner Arbeitszimmer belehrt wird, genau hier sei die Spezielle Relativitätstheorie entwickelt worden? Und was der begeisterte Leser, der eine angeblich von Marcel Proust zerbrochene Vase betrachtet oder im Kommentar der Werkausgabe die Rezepte für die im Roman zubereiteten Gerichte nachschlägt? Warum sträubte sich Martin Heidegger fast zehn Jahre lang, eine Kreuzfahrt nach Griechenland zu unternehmen (ein Geschenk seiner Frau Elfriede)? Und warum vertieft sich der Leser einer Sondernummer über die »Dekonstruktion der Philosophie« in ein Foto, das nicht Jacques Derrida, sondern seine Pfeifensammlung zeigt? Ist der Herr, der zufällig neben Derrida saß, als dieser in einem der Cafés von Montparnasse portraitiert wurde, jetzt Teil der Philosophiegeschichte?

»Reliquien, Reste, Zeugs« bezeichnet der renommierte Kunsthistoriker Peter Geimer neben seinen Abhandlungen zur Wissenschafts- und Bildgeschichte als Schwerpunkte seiner Forschung. Seine jetzt vorgelegte Portraitsammlung entspinnt sich in einem kunstvoll gewobenen Netz aus wechselseitigen Bezügen zwischen realen Orten, rätselhaften Gegenständen und historischen Persönlichkeiten.

So offenbart sich die Faszination intellektueller Stars als Phänomen und zugleich Paradoxon: Denn Star ist nur, wer noch da gesucht wird, wo er längst nicht mehr ist. Peter Geimers »Begegnungen mit Abwesenden« sind eindrückliche Portraits, u.a. von William Turner, Martin Heidegger, Marcel Proust – und natürlich Jacques Derrida.

 

Peter Geimer ist Professor am Kunsthistorischen Institut der FU Berlin und freier Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt Theorien der Fotografie (2009) sowie bei Philo Fine Arts Bilder aus Versehen. Eine Geschichte fotografischer Erscheinungen (FUNDUS 178, 2010).

 

Marcel Beyer, geboren 1965 in Tailfingen, Baden-Württemberg, lebt seit 1996 in Dresden. Er schreibt Romane (u. a. Flughunde, 1995; Kaltenburg, 2008), Gedichte (u. a. Erdkunde, 2002), Erzählungen und Essays (zuletzt Putins Briefkasten. Acht Recherchen, 2012) sowie Libretti für die Komponisten Enno Poppe und Manos Tsangaris.

 

PRESSESTIMMEN

 

»Kenntnisreich, scharfsinnig und zugleich unterhaltsam leichtfüßig stellt Geimer ihnen nach. (...) Man hat immer nur mit Schatten, Randphänomenen, anekdotischen Gespenstern zu tun und reibt sich doch an der Person oder Sache selbst, zum größten Vergnügen des Lesers.«

Süddeutsche Zeitung

 

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»Die gesammelten Aufsätze kreisen um bekannte Figuren: Einstein, Derrida, Heidegger, Barthes etc. In einigen Texten geht Geimer den dinglichen Spuren, die die Stars aus Wissenschaft und Kunst (vermeintlicherweise) hinterlassen haben, nach. Er erzählt auf diese Weise eine höchst spannende Geschichte ihrer erinnerten Vergegenwärtigung. Im Nachwort gesteht der Schriftsteller Marcel Beyer, dass er den Recherchen des Autors stets “mit großem Amüsement" folge. Dem ist ohne Einschränkung zuzustimmen. Dieses Buch vereint eine neugierige Wissenschaftsgeschichte mit dem Vergnügen guter Essayistik.«

Fotogeschichte

 

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»In den vielleicht stärksten Essays dieses Bandes lässt Peter Geimer die Aura ganz zurück und widmet sich der bildenden Kunst. In „Turners Linsentrübung“ geht es um die Frage, ob nicht wie schon bei anderen Künstlern ein physiologischer Defekt für gewisse Effekte auf den Gemälden verantwortlich zu machen sei und was das dann für die Bewertung der Bilder bedeutet. In „Das Gewicht der Engel“ schildert Geimer aberwitzige Versuchsaufbauten eines Naturwissenschaftlers aus dem 19. Jahrhundert, ein Text Geimers, der zeigt, wie schwer das Gewicht des Positivismus zumindest in Phasen auf der (bildenden) Kunst lag. Von hier aus lässt sich leicht extrapolieren, dass nicht nur die Fotografie die Künstler auf eine neue Spur gesetzt hat. Ein systematischer Datenfetischismus hetzte die Künstler in Regionen, in denen sie erneut ihren „Idiotismus“ entfalten konnten.«

Dieter Wenk, Textem

 

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»Wer jetzt erst recht Lust hat, das Thema zu vertiefen, dem sei das in jeder Beziehung ausserordentliche kleine Buch von Peter Geimer herzlichst empfohlen: "Derrida ist nicht zu Hause. Begegnungen mit Abwesenden". Extrem anregende Texte!«

byland-literaturclub.blogspot.de

 

 

 

 

 

 

Peter Geimer
Derrida ist nicht zu Hause
Begegnungen mit Abwesenden

Mit einem Nachwort von Marcel Beyer

 

FUNDUS Band 205

256 Seiten, zahlreiche Abbildungen

gebunden mit Lesebändchen

ISBN: 978-3-86572-673-5
€ 20,00
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